Wissen über den Babyschlaf und Kleinkindschlaf macht vieles leichter. Wer das Schlafverhalten seines Kindes versteht, tut sich bei Schlafproblemen leichter.

“Kenntnisse über die normale Entwicklung des kindlichen Schlafs sind für Eltern hilfreich, damit sie das Schlafverhalten ihres Kindes besser verstehen und auf Schlafstörungen adäquat reagieren können. […]. Die biologische Reifung des Gehirns und die soziale Entwicklung führen zu altersspezifischen Eigenheiten des kindlichen Schlafverhaltens.” [1]

Dieses Zitat von Prof. Dr. Oskar Jenni und Dr. Caroline Benz vom Kinderspital Zürich trifft es genau.

Doch woher bekommen Eltern diese wichtigen Kenntnisse? Welche Methoden oder Veränderungen sind hilfreich? Und von welchen Methoden ist eher abzuraten? Stichwort Schlaftraining. Und außerdem. Woher sollen die Eltern überhaupt die Zeit dazu nehmen? Völlig übermüdet. Wenn der Tag so schon anstrengend genug ist.

Hier kommt Nestlingszeit ins Spiel. Zwar kann ich keine Wunder vollbringen. Aber ich kann euch dabei helfen, eure Schlafsituation so zu gestalten, dass ihr als Familie mittelfristig ruhigere bzw. entspanntere Nächte erlebt.

So sind Kinder(-Nächte) eben

Ist das Schlafverhalten meines Kindes normal?

Die Sorgen um das Schlafverhalten ihres Kindes sind bei vielen Eltern groß. Häufig kommt in meinen Beratungsanfragen das Wort “normal“ vor. Die Eltern sind verunsichert. Fangen an im Internet zu recherchieren. Reden mit Freunden oder Verwandten. Und dann sind sie erst recht verunsichert.

Bei kaum einem anderen Thema machen sich Eltern so verrückt wie beim Thema Babyschlaf. Die Gründe hierfür sind vielfältig und beruhen häufig auf einer falschen Vorstellung oder Erwartungshaltung.

Mit Aufklärung & Bestärkung lässt sich oft viel erreichen. Zum einen die Gewissheit, dass das Schlafverhalten des Kindes ganz normal ist. Zum anderen einige nützliche Tipps parat haben, wie man den Familienschlaf verbessern kann, hilft sehr.

Viele Eltern sind dann sehr erleichtert, wenn sie bestärkt werden und wissen – das ist normal.

So sind Kinder(-Nächte) eben.

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Schlafprobleme sind gar nicht so selten

Hat mein Kind Schlafstörungen?

Zwischen 20% und 30% aller Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern leiden unter Schlafproblemen, so Knappe et al. in ihrer Forschungsarbeit mit dem Titel “Parental Cognitions About Sleep Problems in Infants: A systematic Review.” [2]

Schlafstörungen sind bei Kindern demnach sehr häufig. Auch sind sie meist nur vorübergehend. Eltern müssen sich also keine Sorgen machen. Medizinisch-therapeutische Maßnahmen sind im Regelfall nicht erforderlich. In seltenen Fällen kann jedoch eine pathologische (krankhafte) Schlafstörung vorliegen. In einer solchen Situation ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wenn Bedenken hinsichtlich einer möglichen pathologischen Schlafstörung oder anderweitigen Ursachen bestehen, leite ich Eltern umgehend an eine/n spezialisierten Therapeuten/Therapeutin bzw. Ärztin/Arzt weiter.

Die Mutter aller Fragen

Ab wann schläft mein Kind denn jetzt durch?

Die Frage nach dem Durchschlafen ist eine sehr häufig gestellte Frage. Verständlicherweise, denn mit jeder schlaflosen Nacht leidet die Lebensqualität der Eltern. Aber das Problem ist nicht das Durchschlafen per se. Nein, es ist unter anderem die Erwartungshaltung der Eltern.

Dieses Zitat von William Sears veranschaulicht dies sehr gut:

“In Schlafstudien wird Durchschlafen als Schlafen von Mitternacht bis 5 Uhr früh definiert. Zu erwarten, dass ein Säugling von 8 Uhr abends bis 8 Uhr morgens durchschläft, ist meist völlig unrealistisch.” [3]

Herbert Renz-Polster, ein Kinderarzt und Wissenschaftler, den ich für seine fundierte Ansichten sehr schätze, hat sich in seinem Beitrag „Schlafprobleme aus Sicht der Evolution“ ausführlich mit dem Thema Durchschlafen befasst. Aus evolutionsbiologischer Sicht ist nächtliches Aufwachen eine normale, zu erwartende Reaktion kleiner Kinder, erklärt er.

Wem der Beitrag von Herbert Renz-Polster zu ausführlich ist, dem empfehle ich meinen Beitrag “Ab wann schlafen Babys durch?

Groß ist die Schwankungsbreite

Wieviel Schlaf ist bei Kindern normal?

Das Schlafverhalten seines Kindes mit dem von anderen zu vergleichen ist ein natürlicher Impuls. Dies gilt wohl auch für die Schlafdauer. Doch bei einer breiten Spanne zwischen Minimal- und Maximalwerten der Normalwerte sind solche Vergleiche oft nicht aussagekräftig.

Folgende Tabelle nach Galland et al. veranschaulicht dies sehr deutlich [4]:

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Lapidar gesagt: Es gibt Wenigschläfer, Vielschläfer und die, die irgendwo dazwischen liegen.

In den meisten Fällen nimmt sich jedes Kind genau den Schlaf,
den es benötigt.

Das sagt die Forschung

Empfehlungen zur Schlafdauer

Die „American Academy of Sleep Medicine“ gibt folgende Empfehlung zur Schlafdauer von Babys und Kleinkindern:

  • Säuglinge im Alter von 4 bis 12 Monaten sollten regelmäßig 12 bis 16 Stunden pro 24 Stunden (einschließlich Nickerchen) schlafen, um eine optimale Gesundheit zu fördern.
  • Kleinkinder im Alter von 1 bis 2 Jahren sollten regelmäßig 11 bis 14 Stunden pro 24 Stunden (einschließlich Nickerchen) schlafen, um eine optimale Gesundheit zu fördern.

  • Kinder im Alter von 3 bis 5 Jahren sollten regelmäßig 10 bis 13 Stunden pro 24 Stunden (einschließlich Nickerchen) schlafen, um eine optimale Gesundheit zu fördern.

Und was ist mit den ganz Kleinen?

Empfehlungen für Babys unter 4 Monaten werden von der AASM keine gegeben. Hier werden einerseits die große Bandbreite an normalen Variationen in Dauer und Schlafmuster angegeben. Andererseits wird auf unzureichende Daten hingewiesen. [5]

Fragliche Methoden

Schlaftraining

Schlaftraining umfasst Methoden, die darauf abzielen, Babys und Kleinkinder daran zu gewöhnen, selbstständig einzuschlafen und durchzuschlafen. Schlaftraining kann bei Kindern Stress und Angst erzeugen. Insbesondere bei Methoden, wo die Eltern das Kind bewusst weinen lassen (z.B. cry-it-out Methode) und nicht zum Kind gehen. Für Eltern ist Schlaftraining oft emotional belastend und erzeugt Gefühle von Unsicherheit oder Schuld.

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Mehr Informationen zum Thema Schlaftraining findest du im Beitrag Warum Schlaftraining für Babys schlecht ist. Als Alternativen zu Schlaftrainingsmethoden bieten sich bedürfnisorientierte Ansätze an, die auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes eingehen. Diese Methoden stärken die Bindung und das Vertrauen zwischen Eltern und Kind und fördern einen gesunden Schlaf auf natürliche Weise.

Nicht jedes Märchen glauben

Mythen rund um den Babyschlaf und Kleinkindschlaf

  • Schlafen wie ein Baby

  • Das Kind werdet ihr nie mehr aus eurem Bett rauskriegen

  • Babys ab 6 Monaten brauchen nachts keine Nahrung mehr

  • Wenn du abstillst, schläft dein Kind durch

  • Alle anderen Kinder schlafen schon durch!

  • Lass dein Baby schreien, dann lernt es schon allein einzuschlafen

  • Je weniger das Baby tagsüber schläft, umso besser schläft es nachts

  • Babys müssen lernen allein einzuschlafen

  • Wenn dein Kind müde ist, wird es schon schlafend

  • Wenn dein Kind abends spät schlafen geht, schläft es morgens länger

  • Einschlafstillen/-flasche ist eine schlechte Angewohnheit

  • Gib ihm doch eine Flasche mit Brei drin, dann schläft es durch

  • Kinder müssen schlafen lernen

Papa schaukelt das schon

Mama darf auch mal Chillen!

Vorbei – zum Glück – die Zeiten, in denen Mann davon ausgegangen ist, dass das Zubettbringen nur Müttern bzw. Frauen überlassen werden darf.

Es tut Kind und Vater gut, wenn der Vater sich um die nächtliche Betreuung kümmert. Und Mama tut es auch gut. Denn Mama darf auch mal Chillen! Nora Imlau formuliert es schön in ihrem Buch Schlaf, Gut, Baby!: “Tag und Nacht die einzig akzeptierte Bezugsperson zu sein, kann ganz schön schlauchen, und eine erschöpfte Mutter ist auch nicht gerade der Hit für das Baby.”

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Aber nun zurück zu Papa. Wenn der Vater sich ums Hinlegen kümmert, dann profitieren alle davon.

  • Die Mutter kann mal chillen. Sie kann durchatmen und Kraft tanken. Sie darf, zumindest für kurze Zeit, auch mal wieder ein autonomes Wesen sein. Oder, kaum vorstellbar, einfach nur Sachen machen, die SIE machen will.
  • Beide Eltern sind ausgeglichen(er), was wie Balsam für die ganze Familie sein kann.
  • Der Vater baut eine tiefgehendere Bindung bzw. Beziehung auf.
  • Der Vater darf mit seinem kleinen knuddeligen Küken kuscheln. Diese Zeit ist unschätzbar wertvoll, weil begrenzt. Sie dauert nur wenige Jahre. Denn das Loslösen von den Eltern passiert flugs. Diese Worte stammen nicht von mir, sondern von meinem Mann.

Nur – einen Fehler darf Papa nicht machen. Dieser Fauxpas stammt übrigens auch von meinem Mann.

Papa darf beim Hinlegen nie die Geschichte vom Piratenboot, der Spaghetti-Kanone und der Insel mit den Pommesbäumen erzählen. Denn dann sind alle wieder hellwach und wollen die ganze Geschichte erfahren. Das war’s dann mit dem Schlaf…

Für einen besseren Familienschlaf

Schlafberatung für Babys und Kleinkinder

Wenn das Thema Schlaf dir den Schlaf raubt, bist du hier genau richtig. In meiner Schlafberatung Baby und Kleinkind vermittele ich dir wichtiges Wissen rund um Baby- und Kleinkindschlaf. Zusätzlich gebe ich dir praktische Alltagstipps und Lösungsansätze zu häufigen Schlafproblemen bei Säuglingen und Kleinkindern. Eine Schlafberatung ist besonders empfehlenswert, wenn ihr belastende Schlafsituationen erlebt habt oder aktuell damit „kämpft“.

Die Kurse helfen auch vielen…

Kurse zum Thema Babyschlaf & Kleinkindschlaf

Viele Schlafprobleme lassen sich bereits durch konkretes Wissen rund um den Kinderschlaf abschwächen oder sogar lösen. Das Internet und Social Media ist voll mit Tipps und Tricks. Allerdings findet man hier auch fragwürdige und nicht empfehlenswerte Vorschläge.

In meinen Onlinekursen und Präsenzkursen erhältst du wichtige und evidenzbasierte Informationen rund um das Thema Baby- und Kleinkindschlaf. Die Kurse sollen dir dabei helfen, die Bedürfnisse deines Kindes besser zu verstehen und zu mehr Entspannung in euren Nächten führen.

Behandelt werden Themen wie gängige Mythen rund um den Kinderschlaf, die Schlafentwicklung, Wie Babys schlafen, SIDS, Vorteile des nächtlichen Stillens, Einschlafen mit einer anderen Bezugsperson und Änderung der Einschlafgewohnheit.

Zum Abschluss des Kurses erhältst du praktische Impulse und Anregungen für den Alltag und die Nacht, damit ihr das Gelernte erfolgreich umsetzen könnt.

Quellen:

[1] https://www.kispi.uzh.ch/d3/1042/
schlafst%C3%B6rungen-bei-kindern?id=1042

[2] Knappe S, Pfarr AL, Petzoldt J, Härtling S, Martini J. Parental Cognitions About Sleep Problems in Infants: A Systematic Review. Front Psychiatry. 2020;11:554221.

[3] Sears, William; Neuenschwander, Hanna (2018): Schlafen und Wachen. Das Elternbuch für Kindernächte. 2, Ausgabe, 6. Auflage (82.-91. Tausend). Zürich: La Leche League.

[4] Galland BC, Taylor BJ, Elder DE, Herbison P. Normal sleep patterns in infants and children: a systematic review of observational studies. Sleep Med Rev. 2012;16(3):213-222.

[5] Paruthi S. et al. Recommended Amount of Sleep for Pediatric Populations: A Consensus Statement of the American Academy of Sleep Medicine. J Clin Sleep Med. 2016;12(6):785-786.